#1 - sonnenanfang

Veröffentlicht am 20. August 2024 um 07:56

es ist eine woche her, dass ich das letzte mal auf den sonnenuntergang gewartet habe. wie so oft ist der erfolg der weißen müdigkeit sehr viel größer, wenn ich nicht in dem haus bin, das ich zuhause genannt habe. dort gibt es keine sicherheit. ich bin ein schiff ohne heimathafen, ohne ort zum zurückkehren. natürlich, da sind die menschen, g-town, die tiere - aber kein platz für mich. wahrscheinlich geben die tabletten heute deshalb zwar ihr bestes, aber keinen schlaf.

hier haben wir alle einen namen, der der eines rappers sein soll. ich durfte mir meinen nicht aussuchen. mir wurde mc pillenschlucker zugeteilt. ich habe gelacht, und mein herz hat sehr wehgetan. dabei ist es wahr - die tabletten zeichnen mich aus. 

langsam verliert der nebel seinen kampf gegen die sonne und ich kann fliehen. ich hülle mich in wolle gewordene liebe, geliehen von der a., und husche die schneckentreppe hinunter. niemand sagt etwas. meine füße werden nass auf nachtfeuchten gras, ich kalt. "guten morgen", sagt der vater beim zurückkommen am fenster. seine schritte auf dem holzboden über mir sind so laut wie die kaffeemaschine, die braune wachheit bringen soll. die welt taucht sich in zauberlicht. der wald wird mir fehlen. ich würde gerne noch einmal zu kiefern, pilzen und dem moos fliehen, aber ich denke an die schuhe. ich gehe also weder in den see noch waldbaden und bleibe bei der warmen tasse. ich möchte keine feuchtigkeit im koffer. 

an der holzwand taucht wie jeden morgen ein regenbogen auf, als die sonne sich über die bäume schiebt. niemand sagt: "du machst das gut" als ich beginne zu packen und die spülmaschine anschalte. in der nacht haben keine wölfe geheult. ich weiß, dass das mit dem vollmond ein mythos ist, trotzdem blieb ein bisschen hoffnung sie einmal singen zu hören. aber außer uns, die wir "howling at the moon" im auto mitschreien, bleibt es still. 

der vater geht wieder schlafen, als seine teetasse leer ist. er hört auf fragen zu stellen, die klingen wie "sag mir, dass ich genug bin". ich bin müde. aber geschlafen wird nicht. stattdessen schlucke ich die nächsten tabletten, die glücklich machen sollen und immerhin bunt sind. immerhin bin ich bei denen nicht die einzige, die keine ahnung hat wie sie eigentlich wirken. irgendwas mit irgendwas, aber irgendwie weiß das immer noch niemand genau - gegoogelt habe ich das nämlich schon lange. 

die ponys auf der koppel gegenüber des küchenfensters warten zusammen mit mir auf den neuen tag und die menschen. es ist sehr friedlich - wir sind das perfekte dreierteam, geübt im zeit verbringen. ich gehe trotzdem nicht an die koppel.

  sie sehen friedlich aus. ich möchte nicht stören. 

  ich schreibe wie ich atme, und um zu atmen vielleicht auch. wahrscheinlich ist es alles was von mir geblieben ist.

ich schaue die blumen auf dem tisch an. die einzige vase die ich gefunden habe ist blau und hat die form einer katze. in unserem bad stehen giraffen aus holz. überall ist hier statt persönlichkeiten ganz viel deko in form von tieren zu finden: elefanten, jaguare, und überall plüsch. wir verbreiten ein bisschen leben in dem sauberen ferienhaus. 

neben den katzenblumen steht ein trinkwasserkanister. ich bin mir sicher, dass mir das gefällt - ich möchte niemals vergessen, dass die welt weit entfernt von perfektion ist, und gefüllt mit vergänglichkeit. 

das wasser schwappt, weil das tippen den tisch ganz sanft zum schwanken bringt. ich kenne das gut. ich würde das wasser gerne trösten, möchte: "man gewöhnt sich ans schwanken, wenn es die einzige normalität ist" sagen. aber ein wasserkanister hat keine ohren, und in der letzten halben stunde ist meine stimme eingerostet.

vielleicht schreibe ich auch deshalb: worte atmen ist leichter als sie in die luft zu entlassen. 

ich denke an meine liste von lieblingsdingen. ich habe sie "eine betrachtung von liebe" genannt. und vielleicht macht das das ganze hier aus: ein erster blogartikel sollte wohl anders aussehen. aber ich war noch nie sinnvoll. deswegen fasse ich den inhalt dieser seite in ein paar wörtern zusammen, ganz am schluss:

hier entstehen betrachtungen: von liebe, trost, angst und fröhlichkeit. manchmal wahrscheinlich auch von schmerz und einsamkeit, aber ganz sicher auch von dankbarkeit und unmittelbarkeit. 

und manchmal auch alles gemeinsam. das leben ist ein verknotetes, regenbogenfarbenes wollknäuel, und einfach sowieso nicht. man muss es nur schaffen, schmetterlingsleicht zu bleiben. ich glaube, dann wird das schon.

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