das leben ist gelegenheit genug, vor allem um darüber zu schreiben. eine kolumne über das leben als chronisch psychisch erkrankter mensch.
21. - 27. Juli
Innere Bestandsaufnahme:
- bleiben ist schwer, wegfahren dafür einfach, und ich darf feststellen, dass die fliegen am stall leicht auszuhalten sind, weil dort einfach mal ruhe im innen herrscht, sie alle schweigen, und da tiefe zufriedenheit bleibt. ich weiß nicht wann ich das das letzte mal hatte...
- zuhause ist eine koppel bei sonnenuntergang, joggen gehen mit einem zu motivierten esel und einem zu demotivierten pony und wärme an kalten sommertagen
- zwetschgendatschi gehört zur oma, russischer zupfkuchen zur mutter, und die frau reitlehrerin backt ständig perfekte semmeln. mit essen bin ich also immer versorgt, ob ich will oder nicht
- regentage sind am schönsten mit einer playlist goldene melancholie und kaffee mit engen menschen aus einer zeit, in der die welt eine andere war. hier ist stehen geblieben, und das ist wunderschön.
- jedes jahr war mein letzter pferdesommer, so dachte ich zumindest, und erst dieses jahr wird mir klar, dass dieser umzug dafür sorgt dass ich nie wieder einfach so eineinhalb monate mit dem eselkind haben werde. an manchen tagen ist das okay, an diesen tut es weh.
- sanftheit ist manchmal auch sich selbst den neid auf gesunde menschen verzeihen, und zu lächeln, wenn die frau reitlehrerin sich beim sprechen über ihre probleme in der arbeit unterbricht, um "du hast natürlich ganz andere probleme, eigentlich sollte ich mich glücklich schätzen" zu sagen. die antwort die ich gebe wird immer etwas sein wie "ja, aber das kann man ja auch nicht vergleichen", auch wenn die antwort die ich fühle manchmal tatsächlich ein pures "ja, genau, und ich kann es manchmal kaum ertragen" - aber vielleicht ist das okay. vielleicht. übe mich im dran glauben.
- "ich frage mich manchmal, was meine krankheit mit ihm gemacht hat", sage ich zur frau reitlehrerin am vorabend des sechzehnten geburstags meines bruders. sie nkt. "viel wahrscheinlich. irgendwann redet ihr darüber. so in zehn jahren oder so. aber nicht jetzt. dafür ist das alles zu frisch ", sagt diese kluge frau, und ich weiß ganz tief, dass sie recht hat. verdammt aber auch. das kann ich mir nicht verzeihen
- umarmungen als wären es die letzten die es jemals geben wird, immer wieder. leuchtende augen von großeltern. manchmal frage ich mich kurz, ob ich sie überleben werde. ich versuche, diese frage mit nein zu beantworten. alles andere bringt ja auch nichts.
- am montag sage ich noch, ich möchte hier keine therapieprozesse, heute frage ich mich, wie ich wieder so naiv sein konnte - oh sweet summerchild, bei deiner familie zu sein und keine prozesse?!
- schule ist eine offene wunde, viel mehr als ich dachte, und weinende kinder beruhigen die keine linderung finden werden, nie, ist hart. ich vermisse so viele menschen, und mich, vor allem mich, die, die nicht mehr existiert.
Was gut tut:
- nachhause kommen
- das chaoshaus
- das eselkind, immer
- drei mahlzeiten, für andere kochen & gekocht kriegen, nicht alleine essen müssen, kuchen, frühstück, kekse zum kaffee
- die brüder um mich zu haben, liebe, familie
- manchmal zur verarbeitung laufen und mit sich selbst sprechen, und ein bisschen auch die zahl der schritte die hier wie selbstverständlich zusammen kommen
- gespräche mit der frau reitlehrerin
- hühner ins bett bringen (man kann sich nicht vorstellen wie warm die sind!)
die drei großen fragen der woche
- wieso bin ich so selbstzerstörerisch, und warum tut mir das so gut?
- hat die frau auf der abschlussfeier recht, und das beste kommt noch - oder war schule wirklich die einzige prime time die ich jemals haben werde?
- bin ich mehr als nur eine leinwand?
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Kommentare
Dieses 'ich vermisse so viele Menschen um mich rum, vorallem mich' aw und dass du das mit deinen Großeltern denkst! Diese Gedanken sind echt einf so doof, du packst das bitte noch länger als du jz denkst:)
Mit mir selbst sprechen beim spazieren gehen mach ich auch honestly bisschen funny manchmal