(über)lebensbuch #2 - reiz und reaktion

Veröffentlicht am 20. November 2024 um 18:01

beim frühstück geht es, wie immer, um veganes essen. »nichtmal joghurt?!« fragt der, der immer redet, wie ungefähr jeden morgen. »es gibt keine veganen kühe«, antwortet der orangene ring ohne essstörung. ich denke "es wiederholt sich"

wir wandeln in unseren kreisen und spiralen.

die ohne essstörung läuft ihre runden. sie tut das noch öfter als ich. der, der immer redet, will uns erklären, dass rückwärts laufen viel sinnvoller sei. wir starren ihn beide an. »ich mach mir halt so meine gedanken«, sagt er, wie immer, und ich nicke. das tut er wirklich. 

(...)

ich (ver)knote (mich) in der ergo und streiche neben den bändern meine gedanken glatt, und lasse die visite wieder ohne antworten und dafür mit tausend anschuldigungen gehen. manchmal glaube ich, mein gehirn müsste anders sein. ich werfe mir selbst vor, es nicht mit einem schwamm abreiben zu können. vielleicht ginge es mir dann besse

ich bettele um ein "warum", und damit vor allem um eine klärung dieses zustands. »weil wir ihnen nicht helfen können, aber auch kein argument haben das aufzulösen«, ist die antwort, und das klingt wie eine entschuldigung. kein verstehen, kein erkennen, nur einsamkeit, und ein lichtblick: sie wollen nichts neues beantragen. 

(...)

meine stunden sind gezählt. aufgesplittert in milligramm, kilogramm, kalorien, knoten, buchseiten

(...)

bis zum montag sind es noch fünf tage. ich weiß mittlerweile leider, wie sich zeit in einsamkeit hineindehnt und an ihr kleben bleibt wie diese männchen, die wir als kinder an die decke geworfen haben. sie hinterließen leichte flecken, und nach ein paar mal klebten sie schon nicht mehr, weil sie genug fussel gefangen hatten. aber egal wie alt oder neu - man konnte sicher sein, dass sie sich lösen würden, irgendwann. 

(...)

ich vertraue 

dass die hände aufhören zu kribbeln

dass die wunden heilen 

und dass die zeit sich irgendwann löst

und wieder fliegen kann 




»ich wünsche ihnen ganz viel zeit zwischen reiz und reaktion« - »danke« - »passen sie auf sich auf« - »mach ich. bis in einer woche!« 

(...)

sein hat etwas seltsam verschwimmendes heute. ich bin was ich will kann möchte ablehne und am ende eben doch nur was ich bin. 

(...)


»keinen plan heute. nichts. nur entspannen und dann ins bett, okay?« - ich sage nichts von den seit tagen nicht besprochenen spannungskurven, nehme wirkungslosen bedarf und rolle mich im ewigen licht aus dem fenster zum gang zusammen.

 

 

kein plan klingt heute eigentlich ganz gut. 

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